Freistett
Urkundlich erste Erwähnung unter dem Namen "Fregistatt" am 4. März 828. Im Jahre 1928, also genau 1.100 Jahre später, wurde bei der Abtragung des so genannten Kirchelberges in Niederfreistett ein Gräberfeld gefunden, das auf den vorchristlichen Ursprung hindeutete. Die früher getrennten Ortsteile Ober- und Niederfreistett wurden im Jahre 1564 endgültig vereint. Unsägliches Leid und Elend brachte der 30-jährige Krieg (1618-1648), Hungersnöte, Pest und die Grausamkeiten des Kriegsgeschehens dezimierte die Bevölkerung von 1.000 Einwohnern auf weniger als 400.
Nicht viel besser erging es der Bevölkerung während der Raubzüge Ludwigs des XIV. (1672-1679), des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) und des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714). Pfarrer Alfred Leitz, dem das im Jahr 1622 begonnene Kirchenbuch zur Verfügung stand, berichtet in seiner Chronik von 1890, dass die Bevölkerung wie im Dreißigjährigen Krieg oftmals auf die Rheininseln flüchten musste.
1705 wurde die Kirche geplündert, der Altar, die ganze Einrichtung zerstört, der Friedhof verwüstet und der Pfarrer misshandelt. Nach diesem Krieg folgte eine Friedensperiode von 60 Jahren. In dieser Zeit wurden die heute noch vorhandenen Fachwerkhäuser in Ober- und Niederfreistett gebaut.
Ein neuer Besiedlungsabschnitt wurde im Jahr 1739 von dem Straßburger Bankier Georg Daniel Kückh eingeleitet. Er erwarb 1730 in Freistett Grundbesitz und gründete 1739 eine Handelsgesellschaft. Das "Kompagniehaus" wurde an der Stelle des heutigen Rathauses errichtet, das alte Rathaus war der heutige "Anker". Kückh hatte die Absicht, in Freistett einen großen Handelsplatz zu schaffen und durch den Bau eines Floßkanals eine Verbindugn zwischen Rhein und Schwarzwald herzustellen.
Nachdem bereits viel Geld und Arbeit in den Kanalbau investiert war, scheiterte das Projekt am Widerstand der Schwarzwaldgemeinden. Ein Teil der heutigen Schnellstraße Freistett-Achern verläuft über dem früheren Kanalbett. Die Stadtgründung jedoch gedieh.
Ein Vertrag mit dem Landesherrn Ludwig VIII. von Hessen und der Gemeinde Freistett sicherten eine eigene Gemarkungsfläche von 13 Hektar zu. Durch Verleihungsurkunde vom 14. Mai 1745 wurde der Name "Neufreistett" genehmigt und der Neugründung das Stadt- und Marktrecht verliehen. In der "Neustadt" wohnten vorwiegend Kaufleute und Handwerker, unter ersteren auch jüdische Familien.
1831 wurde in Neufreistett eine isrealitische Religionsgemeinschaft gegründet, die im Jahr 1935 mit derjenigen von Rheinbischofsheim vereinigt wurde. Bis zum Jahr 1887 zeigte die Entwicklung eine steigende Tendenz. Die Bevölkerung war auf 400 Seelen angewachsen, davon waren 84 Juden. Hiernach ging die Einwohnerzahl zurück, 1925 war die Gesamtbevölkerung auf 307, davon 46 Juden abgesunken. Die völlig verarmte Gemeinde wurde am 1. April 1929 nach Freistett eingemeindet. Die Stadtrechte von Neufreistett wurden 1957 auf die Gemeinde Freistett übertragen.